Pater Florian in besonderer Mission
In der letzten Woche hat mich meine Aufgabe als Stiftsbibliothekar von Heiligenkreuz für zwei Tage nach London „entführt“. Dort durfte ich ein 1678 gedrucktes Buch entgegennehmen, das seit 1680 in unserer Bibliothek stand, nach 1900 jedoch spurlos „verschwunden“ ist. Als es plötzlich im Sommer 2024 in London zur Auktion angeboten wurde, konnte mit Hilfe von Scotland Yard eine Rückgabe des „verlorenen“ Buches erwirkt werden. Identifiziert wurde das Buch, das die Lebensgewohnheiten und Bräuche im damaligen Persien beschreibt, durch einen alten Heiligenkreuzer Bibliotheksstempel. Die offizielle Übergabe mit allen Helfern fand im Tower of London statt, wo uns im Anschluss ein Tower-Wächter mit einer Sonderführung erfreute. … weiterlesen …
Rückkehr und Freude sind auch die Stichwörter des Vierten Fastensonntags, der den lateinischen Namen „Laetare“ trägt, was „Freue Dich“ bedeutet. Warum freuen? Ganz einfach: Ostern kommt näher und damit einerseits die Freude des Menschen über die Erlösung und andererseits die Freude Gottes über jeden Menschen, der an Ostern zu Ihm zurückkehrt. Das „verlorene“ Buch war für mich ein Schlüsselerlebnis, um das Evangelium vom „verlorenen Sohn“ (Lukas 15, 11–32) tiefer zu verstehen: die Freude Gottes nachzuempfinden, wenn Verlorenes nach Hause zurückkehrt.
Aber anders als im Evangelium, wo der Vater sehnsüchtig Ausschau gehalten und auf die Rückkehr Seines verlorenen Sohnes gewartet hat, rechnete niemand mehr mit dem Auffinden des verlorenen Buches: keiner wusste wo es ist, auf welchen Abwegen es geriet. Lange Zeit war es eine Karteileiche. Zu unserem Glück ist Gott um ein Vielfaches treuer! Er gibt uns nie auf, Er versagt uns nie die Treue. Selbst wenn sich der Mensch freiwillig von Ihm entfernt, schreibt Er uns nicht ab, sondern sucht uns in Seiner barmherzigen Liebe, indem er immer wieder zu unserem Gewissen spricht, um uns zu sich zurückzurufen.
Aber warum eigentlich zurückkehren? Im Gegensatz zum verlorenen Sohn geht es vielen Zeitgenossen scheinbar auch ohne oder mit weniger Kirche und Gott „ganz gut“. Jesu Blick geht tiefer. Er spricht so von Gott, dass wir Sein Antlitz, mehr noch: Sein Herz kennenlernen dürfen. Nachdem Jesus uns den barmherzigen Vater gezeigt hat, sind die Dinge nicht mehr so wie vorher, denn jetzt kennen wir Gott: Er ist unser Vater, der uns aus Liebe geschaffen hat und der leidet, wenn wir uns von Ihm entfernen. Anders als mein Kurztrip mit dem Billigflieger um 20 €, hat die Rückholung des Menschen aus der Verlorenheit der Sünde weit mehr gekostet: Jesus hat Sein Leben für mich gegeben. In einer guten Osterbeichte haben wir eine ganz besondere Gelegenheit, Gott als unseren barmherzigen Vater neu zu erleben.