Ein sprechendes Bild für uns

Seit meinem ersten Begräbnis in Würflach fasziniert mich der Trauerflor, der eigens für das Requiem auf das Vortragekreuz gebunden wird. Dieser gekreuzigte Heiland begleitet den Sarg von der Kirche bis zum Grab, wo schließlich der Trauerflor vom Vortragekreuz abgenommen und im offenen Grab auf den Sarg gelegt wird. 

Was hat uns dieser Brauch heute zu sagen? Wenn auch nach manchen Nachforschungen noch keiner mit letzter Sicherheit sagen konnte, woher er kommt, wie lange er gepflegt wird und worin sein tieferer Sinn liegt, so zeigt uns doch die Bildsprache ein besonders wertvolles Zeichen unserer christlichen Begräbniskultur.


Der Trauerflor symbolisiert den Respekt für einen Verstorbenen sowie die Trauer und den Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen. Früher wurde der Trauerflor als Armbinde am linken Oberarm getragen, womit diese Empfindung sichtbar zum Ausdruck kam. Dass der Trauerflor nun am Vortragekreuz hängt, zeigt, dass auch Christus über den Verstorbenen trauert, so wie Er am Grab Seines Freundes Lazarus geweint hat (Joh 11,35); dass er dem Verstorbenen in das Grab mitgegeben wird, könnte unter anderem folgende Bewandtnis haben:


Seit frühester Zeit besteht das christliche Begräbnis aus zwei Teilen: dem Requiem und der Beisetzung. In der Hl. Messe bitten wir den Vater, dass Er durch das Kreuzesopfer Jesu Christi die unsterbliche Seele des Verstorbenen für das ewige Leben bereit macht, sie von aller irdischen Gebrechlichkeit heilt und von Sünde und Schuld befreit. Die Gebete am Grab führen die reinigende Wirkung des Hl. Messopfers weiter und rufen uns in Erinnerung, dass der Leib des Verstorbenen ein Tempel des Heiligen Geistes war, den selbst der Tod nicht vertreiben kann. Mitten in Trauer und allem Schmerz erklingt für die gläubigen Christen am Grab ihrer Liebsten das Versprechen von Ostern, dass der Herr den Leib des Verstorbenen auferwecken wird am Jüngsten Tag.


Wenn der Trauerflor nun abgenommen und mit dem Verstorbenen gemeinsam begraben wird, ist dies ein sichtbares Zeichen, dass beim Begräbnis eines Christen auch die Trauer zu Grabe getragen wird, dass sie sich langsam in Hoffnung verwandeln darf und in der Freude auf ein Wiedersehen bei Gott im Himmel zur letzten Vollendung kommt.

 

Mit einem Segensgruß,

P. Florian Mayrhofer O.Cist.